Vor- und Nachteile von Fertighäusern
Fertighaus – Erfahrungen und Tipps für Bauherren
Ein Fertighaus ist ein Haus aus vorgefertigten Modulen und deshalb in kurzer Zeit errichtet. Wie bei jedem Haus können Bauherren von Erfahrungen profitieren. Wir haben einen Experten nach den Vorteilen und Nachteilen von Fertighäusern gefragt.
Fertighaus – Vorteile
Ein großer Vorteil von Fertighäusern ist, dass sie binnen einer Woche stehen können. Denn von den Wänden bis zum Dach werden alle Bauteile von einem Fertighausanbieter vorproduziert und werden erst auf dem Grundstück zusammengefügt. Dadurch fallen u.a. lange Trocknungszeiten von Mauerwerk, Putz oder Beton weg und die Bauzeit verringert sich. Komfortabel: Da Fertighausanbieter oftmals Gesamtpakete aus einer Hand verkaufen, muss sich der Bauherr um vieles nicht selbst kümmern.
Auch die individuelle Planung entfällt. Die entsprechenden Unternehmen sorgen für die Baugenehmigung, engagieren das notwendige Personal und kümmern sich, wenn Probleme auftauchen. Und: Die Eigentümer in spe wissen zu 100 Prozent, auf welches Eigenheim sie sich am Ende freuen können, wie ihr Traum konkret aussieht. Schließlich können sie entsprechende Musterhäuser im Vorfeld besichtigen.
Fertighäuser – Nachteile
Wer sich für das Leben in einem Haus in Massivbauweise entscheidet, das etwa Stein für Stein in die Höhe wächst, ist flexibler in der Gestaltung. Grundriss, qm- und Zimmerzahl, Raumaufteilung kann er nach seinen eigenen Bedürfnissen und seinem persönlichen Geschmack bestimmen. Bei einem Fertighaus ist das so individuell nicht möglich.
Auch der Schallschutz ist bei Massivhäusern meist besser. Die robusten Bauten gelten darüber hinaus mit einer Nutzungsdauer von 100 Jahren und mehr als langlebiger. Bei Fertighäusern geht man hingegen – je nach Ausführung – von 60 bis 90 Jahren aus.
Florian Becker ist Geschäftsführer des Bauherren-Schutzbundes e.V. Die unabhängige, professionelle Verbraucherschutz-Organisation berät und unterstützt private Bauherren u.a. beim Bauen, Modernisieren und Sanieren von Wohneigentum, beim Haus-, Wohnungs- und Grundstückserwerb sowie bei der Veräußerung von Wohneigentum. Dazu gehören auch Fertighäuser. Hier gibt er seine Erfahrungen mit Fertighäusern weiter.
Zurich Lebenswelten: Wie hoch ist der Prozentsatz von Fertighäusern bei Neubauten in Deutschland?
Florian Becker: Er liegt seit Jahren bei ca. 20–25 Prozent. Mit regionalen Unterschieden: Im Süden ist er etwas höher als im Norden.
Sollten sich Bauherren bei Fertighäusern für ein Gesamtpaket eines Anbieters entscheiden?
Ja, wenn der Bauherr Laie ist. Denn er möchte in der Regel ein schlüsselfertiges Kompletthaus. Bei der Vertragsgestaltung ist es sehr wichtig, dass alle Leistungen explizit aufgeführt sind. Es gibt Vertragskonstruktionen, bei denen bewusst versucht wird, einzelne Leistungen herauszunehmen – eher zum Nachteil des Kunden.
Was meinen Sie mit "alle" Leistungen? Wo lauern Ihrer Erfahrung nach Fallstricke?
Oft wird ein Haus z.B. "ab Bodenplatte" angeboten. Die Bodenplatte sollte aber möglichst Teil des Vertrages sein. Das gilt für den Keller ebenfalls. Vorteil: Der Bauherr hat nur einen Ansprechpartner, nur ein Unternehmen ist verantwortlich. Manche Fertighau-Firmen bieten allerdings weder Bodenplatte noch Keller an. Dann ist es von großer Bedeutung, dass die Firma, die etwa die Bodenplatte herstellt, die genauen Anforderungen des Hauses kennt. Denn: Haus und Bodenplatte müssen perfekt zueinander passen. Dichtungen zum Beispiel müssen richtig an das Haus herangeführt werden. Der Anschluss zwischen Keller und Parterre ist ebenfalls ein sensibler Punkt, damit dort später z.B. keine Feuchtigkeit eintritt.
Was ist Ihre Erfahrung bei Fertighäusern: Sind Festpreise wirklich Festpreise?
Im Festpreis – und das gilt für Massiv- ebenso wie für Fertighäuser – sind bestimmte Leistungen festgelegt. Aber Achtung: Im Vertrag gibt es viele Platzhalter wie Standardfliesen, Standardarmaturen, usw. Beispiel Fliesen: Wenn der Bauherr im Musterhaus sieht, dass ihm die Standardfliesen nicht gefallen und er höherwertigere Fliesen möchte, muss er die zusätzlichen Kosten natürlich selbst übernehmen. Das Gleiche gilt für die gesamte Badausstattung, Bodenbeläge, Wände, etc. Solche Extras können meiner Erfahrung nach schnell ins Geld gehen, die Kosten geradezu in die Höhe schießen. Rat: Je besser man sich vorher erkundigt, je genauer man bei Vertragsabschluss sagen kann, was man möchte, desto seltener kommt es später zu unangenehmen Überraschungen.
Ist die Wärmedämmung beim Fertighaus so gut wie beim Massivhaus?
Ja. Im Schnitt haben Fertighäuser einen sehr hohen Energiestandard. Sie stehen Massivhäusern in nichts nach.
Wie sieht es mit der Schalldämmung beim Fertighaus aus?
Da schneidet ein Fertighaus nicht ganz so gut ab. Für einen guten Schallschutzwert braucht man Masse. Häuser mit massiven Steinwänden werden immer besser sein als z.B. ein Haus in Holzrahmenbauweise mit Rigipsplatten und Dämmung. Trotzdem ist ein Fertighaus aber auch nicht unbedingt extrem hellhörig. Wenn man in einem normalen Wohngebiet wohnt – also ohne Hauptverkehrsstraße vor der Tür, ohne Autobahn, Bahntrasse oder in der Nähe einer Einflugschneise – ist das meist kein Problem.
Sind Fertighäuser Ihrer Erfahrung nach anfälliger für Baumängel?
Nein. Es gibt aber neuralgische Punkte. Nehmen wir die vorgefertigten Bauteile. Das hat Vorteile, weil diese in einer trockenen Halle gefertigt werden. Aber: Die Elemente sollten während des Transports und Aufstellens nicht nass werden. Denn wenn 24 Stunden später das Haus komplett geschlossen wird, kann die Feuchtigkeit aus einer nassen Dämmung nicht mehr hinaus. Auch dürfen die Elemente nicht beschädigt sein, zum Beispiel an den Ecken.
Sollte ein unabhängiger Bauberater auch ein Fertighaus abnehmen?
Ja! Mehr noch: Er sollte auch während der Aufstell- und Bauphase einen Blick darauf haben. Bei einer Endabnahme kann man nicht mehr sehen, ob etwa ein Wandteil korrekt mit der Bodenplatte abgedichtet ist. Wenn alles verputzt ist, sieht von außen immer alles gut aus. Gelten beim Fertighaus andere Regeln in Bezug auf Gewährleistungsansprüche oder Baumängel? Nein, es sind ebenfalls fünf Jahre nach Abnahme.
Hat ein Bauherr weniger Stress beim Bau eines Fertighauses?
Zeitlich gesehen hat er vielleicht über einen kürzeren Zeitraum Stress. Er sollte aber auch regelmäßig auf die Baustelle gehen und schauen, was da passiert.
Fertighaus-Preise: Sind Fertighäuser günstiger?
Nein. Fertighäuser sind definitiv kein Geldsparmodell.
Kann ich mir ein Fertighaus leisten?
Schnell errichtet, gut kalkulierbar und alle notwendigen Handwerker mit im Angebot – Fertighäuser locken manchen Interessenten an, der das Hausbauen bisher scheute. Doch viele Menschen fragen sich, ob sie sich überhaupt eine Immobilie leisten können. Schließlich bedeuten die Kreditkosten eine finanzielle Belastung über viele Jahre. Wenn Sie unsicher sind, hilft zunächst ein Blick auf den Mietrechner ob eine solche Investition infrage kommt.
Der Onlinerechner zeigt Ihnen, zu welcher Gesamtsumme sich Ihre aktuellen Mietzahlungen über die Jahre hinweg addieren – Geld, das Sie auch in Ihr Fertighaus stecken könnten. Äußerst hilfreich für die Entscheidung für eine eigene Immobilie ist bei einer Fremdfinanzierung auch, sich einen genauen Überblick über die Kreditkosten zu verschaffen. Dort erhalten Sie unter anderem einen Überblick darüber, wie sich günstige Bauzinsen über einen langen Zeitraum festschreiben lassen. So können Sie mit gutem Gewissen für die Zukunft planen.